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Mit Reich und Schön unter einer Decke
Die Plauener Seidenweberei bringt Glamour in die Betten dieser Welt. Die 31 Mitarbeiter fertigen edle Bezüge. Mit dem richtigen Stoff lassen sie bald auch Müll sauber verrotten.
Von Gunter NIEHUS
erschienen am 18.02.2016
Plauen. Die Seide kratzt. Die Fäden, die bei der Plauener Seidenweberei auf die Spindeln gewickelt sind, haben so gar nichts vom sündig-weichen Luxus, der den Nimbus des edelsten aller Stoffe ausmacht. "Das ist bei Rohseide immer so", sagt Geschäftsführerin Claudia Brockhaus. Beim Ausgangsstoff der Produktion ist der Faden noch von Bast ummantelt. "Später waschen wir den ab."
Nachthemden, die sich um die Körper der Reichen und Schönen in Europa, Asien oder Amerika schmiegen; Kissen und Decken, die das Zubettgehen rund um den Globus so oder so zu einem sinnlichen Erlebnis machen - hier im Vogtland werden sie hergestellt. "Wir sind die einzige Seidenweberei für Bettwäsche in ganz Deutschland", sagt Brockhaus stolz. Vor fünf Jahren übernahm sie das traditionsreiche Unternehmen an der Celler Straße aus der Insolvenz.
Seither hat sie den Betrieb mit 31 Mitarbeitern zu neuen Ufern geführt. "Wir haben unser eigenes Label gegründet, die Seidenweber Collection", erläutert Claudia Brockhaus. Vorher hatten die Vogtländer für andere Marken gearbeitet. "Plauener Seidenweberei" war drin, stand aber nicht drauf. Jetzt bringen sie ihre Produkte auch unter eigenem Namen in die Schlafzimmer dieser Welt. Bettbezüge, Kissen und Decken aus der Seidenweber Collection kann man in über 50 Geschäften kaufen. Sie liegen in Hamburg, Berlin, Baden-Baden, aber auch in Holland und der Schweiz.
An diesem Geschäftszweig hängt das Herz von Brockhaus besonders. Aber alleine davon könnte das Unternehmen nicht existieren - zumindest noch nicht. "Vielleicht ja eines fernen Tages", hofft die 38-Jährige. Bislang sei die vergleichsweise neue Edelmarke aus Plauen international noch zu wenig bekannt.
Edel, das heißt natürlich auch teuer. Rund 750 Euro muss man für eine Garnitur aus Bezug für Decke und Kissen schon hinblättern. Doch der Aufwand bei der Herstellung ist enorm. In der Fertigungshalle der Seidenweberei sollte man sich mit Bedacht bewegen, so viele Fäden durchziehen den Raum und verschwinden in den Webmaschinen. "Bis zu 34.000 Fäden werden für die Stoffbahnen verwebt", berichtet die Betriebswirtin. Danach durchlaufen sie eine Art Waschstraße. Diese entfernt unter anderem den Bast. Ab dann ist die Plauener Seide so weich, wie man es kennt.
Neben der jahrtausendealten Naturfaser verarbeitet das Unternehmen mittlerweile zu 50 Prozent Kunstfasern. Je nach Bedarf sind diese feuerfest, wasserabweisend, antistatisch und vieles mehr. "Wir stellen beispielsweise Anzüge für staubfreie Reinräume oder OP-Kleidung für Kliniken her", nennt die 38-Jährige zwei Beispiele. Damit ist das Potenzial aber noch nicht ausgereizt. Mitarbeiter der Entwicklungsabteilung tüfteln noch an anderen Projekten. "Wir arbeiten beispielsweise an einem Stoff für Deponien", so Claudia Brockhaus. Haushalts- oder Bioabfall kann dann in einer Betonwanne abgeladen und mit dem neuen Stoff abgedeckt werden. Darunter verrottet der Müll schnell und sauber. "Unser Herz hängt an der Seide. Aber als einziges Standbein ist das zu wenig."
Geschäftsführerin Brockhaus ist optimistisch, dass sie und ihr Team der Geschichte der Seidenweberei noch viele Kapitel hinzufügen. 2014 betrug der Jahresüberschuss laut Bilanz fast 44.000Euro. 2015 war es wegen der Sanktionen gegen Russland etwas weniger. Aber um die Zukunft ihres Betriebs ist der Betriebswirtin nicht bange. Einziger Wermutstropfen: Es wird immer schwieriger, Azubis zu finden: "Die Jugendlichen hören in der Schule, dass die Textilindustrie keine Zukunft hat. Das stimmt aber nicht."